Samstag, 13. April 2024

RIP Biologie: Bundestag beschließt Selbstbestimmungsgesetz

Das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das gestern im Bundestag beschlossen wurde und am 1. November in Kraft treten wird, erfordert eine naturwissenschaftliche Bewertung. Nicht, weil wir den Wunsch von Menschen mit Geschlechtsdysphorie oder Störungen der Geschlechtsentwicklung nach Anerkennung nicht nachvollziehen könnten. Im Gegenteil! Sondern weil wir mit wachsender Sorge beobachten, wie biologische Realitäten politisch relativiert werden.


Zwei Geschlechter – eine biologische Konstante

Das Geschlecht als evolviertes Tool der geschlechtlichen Fortpflanzung basiert bei mehrzelligen Tieren wie dem Menschen auf dem fundamentalen Prinzip der Anisogamie. Es gibt zwei unterschiedliche Geschlechtszellentypen: nährstoffreiche, unbewegliche Makrogrameten (im hier diskutierten Kontext als Eizellen ausgebildet) und bewegliche Mikrogameten (hier Spermien). Dieses Prinzip ist universell bei sexuell reproduzierenden Arten und der Grund, weshalb es im biologischen Sinne nur zwei Geschlechter gibt: weiblich (potenziell Eizellen bereitstellend) und männlich (potenziell Spermien produzierend).

Dass es Menschen mit sogenannten Disorders of Sex Development (DSD) gibt – also mit Abweichungen in der Geschlechtsentwicklung – ist unbestritten. Für diese seltenen Fälle hat die Einführung einer dritten Geschlechtsoption ("divers") im Personenstandsrecht im Jahr 2018 eine sinnvolle, respektvolle und auch biologisch begründbare Lösung geschaffen.

Auch das alte Transsexuellengesetz (TSG), so umständlich und unzeitgemäß es in Teilen war, versuchte, den Spagat zwischen subjektivem Identitätsempfinden und objektivierbaren Kriterien zu bewältigen. Die Notwendigkeit von zwei gerichtlichen psychologischen Gutachten war sicher diskussionswürdig, aber immerhin existierte ein Mechanismus, der den Anspruch an Geschlechtsänderung rechtlich und medizinisch prüfte.

Selbstbestimmung ohne biologische Grundlage

Was das neue Selbstbestimmungsgesetz nun einführt, ist aus biologischer Sicht ein Bruch mit jeder objektiven Geschlechterdefinition. Künftig darf jede Person einmal jährlich beim Standesamt erklären, welchem Geschlecht sie sich "zugehörig fühlt". Das bedeutet: Der Wechsel von "männlich" zu "weiblich" und umgekehrt erfolgt fortan ohne jede medizinische, biologische oder psychologische Grundlage. Nicht einmal eine Beratung ist verpflichtend. Es zählt nur noch das subjektive Empfinden.

Das hat gravierende Konsequenzen. Geschlecht wird so zu einer Art Lifestyle-Entscheidung, abgekoppelt von der biologischen Realität. Der Begriff "Geschlecht" wird politisiert, entkernt und damit biologisch entwertet. Für uns, die sich der empirischen Wissenschaft verpflichtet fühlen, ist das ein schwer nachvollziehbarer Schritt. Wie sollen wir künftig über Geschlechter sprechen, wenn ihre juristische Definition auf reiner Selbstauskunft beruht?

Der Preis für Symbolpolitik

Wir sehen in diesem Gesetz nicht nur ein Problem für den Wissenschaftsbegriff an sich, sondern auch für den gesellschaftlichen Diskurs. Wer weiterhin von "zwei Geschlechtern" spricht, läuft Gefahr, als rückständig oder gar transfeindlich abgestempelt zu werden, obwohl dies schlicht der Stand der Biologie ist. Wenn sich Identität über die Realität stellt, wird Debatte durch Dogma ersetzt.

Und mehr noch: Das Gesetz erlaubt es künftig auch nicht betroffenen Personen (also Menschen ohne DSD oder einer medizinischen Geschlechtsdysphorie) ihren Eintrag zu ändern. Damit öffnet sich die Tür für willkürliche Entscheidungen, bewusste Provokation oder gar strategische Nutzung (z. B. in Quotenregelungen oder Frauenschutzräumen). Dass solche Missbrauchsfälle selten sein mögen, mag zwar sein, aber ein Gesetz sollte nicht auf Hoffnung beruhen, sondern auf klaren Kriterien.

Ein Plädoyer für Differenzierung statt Beliebigkeit

Wir plädieren für eine Rückkehr zu einem differenzierten, ehrlichen Umgang mit Geschlecht. Transidente Menschen verdienen Respekt, Schutz und gesellschaftliche Teilhabe. Doch das darf nicht auf Kosten der biologischen Klarheit und der Schutzräume erfolgen, die auf eben jener beruhen. Ein gutes Gesetz hätte dies ausbalancieren können. Das Selbstbestimmungsgesetz tut es nicht.

Wenn wir anfangen, biologische Tatsachen der politischen Stimmung zu unterwerfen und damit zu Grabe zu tragen, verlieren wir nicht nur den Begriff von Wissenschaft, sondern auch das Vertrauen in eine Rechtsprechung, die sich an objektiven Kriterien orientieren sollte.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts