In der gesellschaftlichen Debatte rund um Geschlecht und Identität prallen oft unvereinbare Weltbilder aufeinander. Zwei besonders lautstarke Fraktionen sind dabei die sogenannten TERFs (Trans-Exclusionary Radical Feminists) und die Aktivisten der Trans-Lobby – eine durchaus penetrante Minderheit innerhalb der sogenannten "LGBTQIA+-Community". Wir wollen uns diesem Thema mit einem naturalistisch-wissenschaftlichen Blick nähern, der fern von politischer oder ideologischer Voreingenommenheit auf biologische Grundlagen schaut. Ziel: Klarheit zu schaffen, wo Desinformation und Wunschdenken dominieren.
Die Basis der Realität
TERFs vertreten unter anderem die Position, dass es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich. Diese Sichtweise ist aus sexualbiologischer Sicht korrekt. In der Reproduktionsbiologie des hier diskutierten Modellorganismus Homo sapiens gibt es zwei Geschlechtszelltypen (Spermien und Eizellen) und entsprechend zwei dahingehend organisierte Geschlechter, die sich u. a. in Gonaden (Hoden bzw. Eierstöcke), Genotyp (46,XY SRY+ bzw. 46,XX SRY-) und Genitalien (Penis/Hodensack bzw. Vulva/Vagina) unterscheiden.
Die IG Sexualbiologie unterstützt daher die grundlegende Aussage, dass das Geschlecht binär ist, da es sich hierbei um eine objektiv beobachtbare Tatsache handelt. Häufig postulierte "Ausnahmen" sind äußerst selten und biologisch erklärbare Störungen der jeweiligen geschlechtlichen Entwicklung hin zum männlichen oder weiblichen Geschlecht (Disorders of Sex Development), die die Binarität genauso wenig infrage stellen, wie z. B. Infertilität aufgrund des normalen Entwicklungsstadiums.
Ferner ist bei Säugetieren wie dem Menschen das Geschlecht irreversibel, da es tief in der embryonalen Entwicklung verankert ist. Die Geschlechtsdifferenzierung erfolgt über die Ausbildung spezifischer Gonaden, Genitalien und hormonell gesteuerter Körperstrukturen – ein Prozess, der nicht umgekehrt werden kann.
Im Unterschied zu einigen Fisch- und Amphibienarten, bei denen es biologisch vorgesehene Mechanismen zum Geschlechterwechsel gibt (z. B. bei Clownfischen oder Lippfischen), ist dies bei Säugetieren aufgrund der inneren Befruchtung und der komplexen Reproduktionsanatomie unmöglich. Ein Geschlechterwechsel würde hier die vollständige Rekonstruktion innerer Organe wie Gebärmutter, Gonaden, Samenleiter oder Eileiter voraussetzen, was die Natur bei Säugetieren nicht vorsieht und das auch medizinisch nicht realisierbar ist.
Insofern ist der Hinweis von TERFs korrekt, dass Menschen ihr Geschlecht nicht wechseln können. Geschlechtsangleichende Maßnahmen (chirurgisch und/oder hormonell) können zwar das äußere Erscheinungsbild und bestimmte sekundäre Geschlechtsmerkmale verändern, das bis auf die Ebene jeder einzelnen Körperzelle verankerte Geschlecht bleibt jedoch unverändert.
Insofern ist die grundsätzliche Kritik der TERFs an einer Aufweichung der Kategorie "Frau" durch rechtlich selbstdefinierte Geschlechtsidentitäten nachvollziehbar. Sie beruht auf einem biologischen Tatsachengerüst, das in Diskussionen um Frauenrechte und Schutzräume nicht ignoriert werden darf.
Als augenzwinkernde Wortneuschöpfung schlagen wir daher den Begriff SMURF* vor: Sex ‘Male’ Understanding Radical Feminists – also radikalfeministische Stimmen, die nicht etwa die Abwertung von Transgendern, sondern das biologische Geschlecht als Ausgangspunkt ihrer Argumentation betonen.
Kritik an den SMURFs
So berechtigt und faktenbasiert manche Argumente der SMURFs auch sind – auch diese Position ist nicht frei von Ideologie. Häufig wird innerhalb dieser Strömung ein zentrales humanmedizinisches Phänomen ignoriert oder marginalisiert: die intrinsische Geschlechtsdysphorie aufgrund von entwicklungsbiologischen Besonderheiten. Hier lohnt ein Blick auf die sogenannte Virilisierung (Vermännlichung) während der Embryonalentwicklung:
Die strukturelle Geschlechtsdifferenzierung beim Menschen beginnt mit der Ausbildung der Gonaden (Hoden oder Eierstöcke). Anschließend erfolgt die Entwicklung der äußeren Genitalien, beeinflusst durch das Vorhandensein bzw. Fehlen von Testosteron. Erst später (etwa ab dem zweiten Trimester) beeinflussen Sexualhormone auch die Hirnstrukturierung, etwa die Hypothalamus-Organisation und neuronale Schaltkreise innerhalb und zwischen den Hemisphären, die mit geschlechtlicher Identität und Sexualverhalten korrelieren.
Das bedeutet: Es ist biologisch plausibel, dass bei einem Teil der männlichen Feten zwar Genitalien maskulinisiert wurden, aber das Gehirn eine feminisierte Struktur annahm. Solche Menschen entwickeln später eine intrinsische, stabile weibliche Geschlechtsidentität, obwohl sie biologisch-männliche Körpermerkmale aufweisen und auch in Hinblick auf die übergeordnete Geschlechtsdefinition zweifelsfrei dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sind. Das weibliche Geschlecht kann aufgrund von Hormonstörungen ebenfalls von diesem Phänomen betroffen sein – rein statistisch tritt es bei biologisch weiblichen Personen allerdings deutlich seltener auf. Bzgl. "nicht-binärer" Geschlechtsidentitäten ist die Studienlage dürftig, weshalb zu deren Validität derzeit aus unserer Sicht keine verlässliche Aussage möglich ist.
Die intrinsische Geschlechtsdysphorie ist (anders als die sogenannte Rapid-Onset Gender Dysphoria (ROGD), welche in letzter Zeit vor allem bei jungen Mädchen dokumentiert wird) keine Modeerscheinung oder Ideologie, sondern ein biologisch begründbares neuroendokrines Phänomen, welches mit einer durchschnittlichen Prävalenz von etwa 4,6:100.000 (≈ 0,005 %) in gemischtgeschlechtlichen Menschenpopulationen auftritt. Validierte Transgender-Personen, die darunter leiden, suchen in der Regel keine Konfrontation mit Frauen, sondern streben nach Linderung ihres Leidens mittels Transition inklusive Hormontherapie und operativer Angleichung. Diese Perspektive wird von vielen SMURFs entweder ausgeblendet oder als irrelevant abgetan, was ebenfalls von einer selektiven Wahrnehmung und damit letztlich einem ideologischen Bias zeugt.
Wissenschaft statt Ideologie
Die IG Sexualbiologie beobachtet mit wachsender Sorge, dass beide Seiten – SMURFs wie Transaktivisten – die Wissenschaft funktionalisieren, um ihre jeweilige Ideologie zu stützen.
Transaktivisten bedienen sich oft einer "gefühlten Biologie", in der Geschlecht rein psychologisch definiert wird und biologische Tatsachen geleugnet oder relativiert werden. Das führt zu Aussagen wie "es gibt unendlich viele Geschlechter", "Männer können auch schwanger werden" oder "Geschlecht ist ein Spektrum", was biologisch schlicht unzutreffend ist.
SMURFs wiederum tun so, als gäbe es keinerlei valide Transidentitäten. Sie reduzieren alles auf die übergeordnete Geschlechtsdefinition, was ebenfalls wissenschaftlich zu kurz greift, insbesondere in Bezug auf neurobiologische Differenzierungen auf Ebene des Individuums.
Beide Lager instrumentalisieren die Wissenschaft, um Ismen zu stützen: Genderismus auf der einen Seite, Radikalfeminismus auf der anderen. Doch echte Wissenschaft fragt, prüft und differenziert. Sie dient nicht als Waffe im Meinungskampf.
"Transmedikalismus" gibt es nicht
Als interdisziplinäre Interessengemeinschaft für Sexualbiologie vertreten wir eine Position, die sich auf biologische, neuroendokrine und humanmedizinische Erkenntnisse stützt. Danach ist Transidentität, sofern sie auf persistierender Geschlechtsdysphorie beruht, ein medizinisch erklärbares Phänomen, das in Einzelfällen affirmativ begleitet und behandelt werden kann. Diese Sichtweise erkennt biologische Unterschiede an, ohne sie ideologisch zu überhöhen, und sie unterscheidet klar zwischen validen Transgendern mit medizinisch nachvollziehbarem Leidensdruck und ideologisch motivierter oder psychisch bedingter Selbstdefinition ohne biologische Grundlage.
Wir setzen und deshalb dafür ein, dass alle Menschen ein erfülltes und glückliches Leben im Einklang mit ihrer biologischen Ausstattung leben können. Wir erkennen an, dass dies für manche (scheinbar) Betroffene ausschließlich durch psychotherapeutische Begleitung möglich ist, während für andere eine psychotherapeutisch begleitete Transition der richtige Weg sein kann. Entscheidend ist für uns eine ergebnisoffene und differenzierte Diagnostik, die nicht durch ideologische Vorgaben oder den Verdacht auf "Konversionstherapie" eingeschränkt wird. Unser Ziel ist es, Räume zu schaffen, in denen Selbstbilder reflektiert und Optionen geprüft werden dürfen – stets mit Respekt gegenüber den Patienten, aber auch mit der notwendigen wissenschaftlicher Sorgfalt.
Radikale Transaktivisten lehnen diese differenzierte Position allerdings ab. Sie sehen darin pauschal eine "Pathologisierung" oder "Transfeindlichkeit". Wer jede objektive Diagnostik als Diskriminierung deutet, verkennt, dass medizinische Realität nicht ideologisch verhandelbar ist. "Transmedikalismus" ist keine real existierende Ideologie, sondern ein Phantasiewort, welches das objektive, differenzierte und damit ausdrücklich ideologiefreie Bemühen, individuelle Geschlechtsinkongruenz auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu verstehen, aus dem Diskurs verbannen soll.
Fazit
Die IG Sexualbiologie ruft zu einer rationalen, evidenzbasierten Diskussion auf. Ja, es gibt nur zwei Geschlechter. Diese naturalistische Tatsache muss die Grundlage für rechtliche und gesellschaftliche Entscheidungen bleiben. Aber es gibt auch neurobiologisch erklärbare Sonderfälle, in denen eine stabile Transidentität plausibel und nachvollziehbar ist.
Begrifflichkeiten wie TERF oder SMURF mögen zur pointierten Diskussion beitragen, doch sie dürfen nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen. Denn nur durch objektive Aufklärung und wissenschaftliche Ehrlichkeit können wir dem ideologischen Grabenkampf entkommen.
*Hinweis: Bei dem in diesem Blogpost verwendeten Akronym "SMURF" handelt es sich um eine Parodie im Sinne des § 51a UrhG. Die Rechte an den originalen Figuren und Marken der "Schlümpfe" (engl. Smurfs) liegen bei IMPS (International Merchandising, Promotion & Services). Die IG Sexualbiologie steht in keinem Zusammenhang mit den Rechteinhabern.

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