Ist "Intersexualität" der Normalzustand?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk betreibt aus Sicht der IG Sexualbiologie bei der Geschlechterthematik eine regelrechte Desinformationkampagne und nutzt das anhand biologischer Tatsachen erklärbare Phänomen von Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development) regelmäßig für die Vermarktung einer identitätspolitischen Agenda. Exemplarisch sei an dieser Stelle das Wissenschaftsmagazin Quarks genannt, in dem die sogenannte "Intersexualität" als der normale Ursprungszustand der menschlichen Embryonalentwicklung präsentiert wurde (Minute 13:16):


Die begriffliche Verwirrung entsteht hier durch eine unsaubere Übertragung soziopolitischer oder laienhafter Konzepte in einen streng naturwissenschaftlichen Kontext. Aus strikt biologischer Sicht ist die Behauptung, Embryonen vor der Geschlechtsentwicklung seien "intersexuell", irreführend und fachlich unhaltbar. Der Begriff "Intersexualität" ist zwar ohnehin aus unserer Sicht falsch und sollte vermieden werden, beschreibt in der Humanmedizin aber dennoch spezifische Störungen der Geschlechtsentwicklung, bei denen genetische, gonadale oder phänotypische Merkmale nicht eindeutig dem binären Schema "männlich" oder "weiblich" zugeordnet werden können [1]. Diese setzen jedoch voraus, dass eine Geschlechtsentwicklung bereits stattgefunden hat.

Embryonen in einem Stadium vor der Gonaden- und Geschlechtsdifferenzierung (etwa bis zur 6. Schwangerschaftswoche) besitzen ein bipotentes Gonadenanlagensystem sowie die Wolff- und Müller'schen Gänge – Strukturen, die sowohl männliche als auch weibliche Entwicklungspfadoptionen offenhalten [2][3]. Diese Phase ist jedoch nicht "intersexuell", sondern auf struktureller Ebene im weitesten biologischen Sinne "geschlechtslos", da die für die Geschlechtsdifferenzierung entscheidenden genetischen und hormonellen Prozesse zwar bereits angelegt sind (und im weiteren Verlauf der Schwangerschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit initiiert werden), jedoch noch nicht initiiert wurden. Ein Fehlen von Geschlechtsmerkmalen ist nicht gleichbedeutend mit einer "Mischform" derselben.

Die Anwendung des Begriffs "intersexuell" auf ein strukturell bipotentes Entwicklungsstadium stellt eine kategoriale Verwechslung dar: Eine Störung kann nur im Kontext eines definierten Entwicklungspfades diagnostiziert werden – nicht im Stadium seiner ausstehenden Initiierung.

Quellen

[1] Hughes IA, Houk C, Ahmed SF LWPES/ESPE Consensus Group, et alConsensus statement on management of intersex disordersArchives of Disease in Childhood 2006;91:554-563. doi: 10.1136/adc.2006.098319.

[2] Gilbert, S. F. (2010). Developmental Biology (9th ed.). Sinauer Associates.

[3] Jost, A. (1953). Problems of fetal endocrinology: the gonadal and hypophyseal hormones" Recent Progress in Hormone Research, 8, 379–418.

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