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| Bild von Prakasit Khuansuwan auf Pixabay |
Samstag, 22. Februar 2025
Geschlechtsunterschiede in der Muskelkraft entstehen früh
Dienstag, 4. Februar 2025
USA: Nur zwei Geschlechter! ...und alle Menschen weiblich?
Als eine seiner ersten Amtstaten unterzeichnete US-Präsident Donald Trump eine Executive Order mit dem Titel: Defending Women From Gender Ideology Extremism and Restoring Biological Truth to the Federal Government (EO 14168)
✅ Darin wird das Geschlecht des Menschen in Übereinstimmung mit der biologischen Geschlechtsdefinition auf Basis der Anisogamie definiert:
♀️ Das Geschlecht, welches physiologisch und anatomisch darauf ausgerichtet ist, nährstoffreiche Makrogameten hervorzubringen, wird als weiblich definiert.
♂️ Das männliche Geschlecht ist demzufolge darauf ausgelegt, befruchtende Mikrogameten hervorzubringen.
✅ Aus dem Dekret geht ferner fachlich korrekt hervor, dass das Geschlecht eine unveränderliche biologische Realität ist und dass das soziokulturelle Konzept einer "Geschlechtsidentität" nicht Bestandteil des Geschlechts ist, sondern als ein Ausdruck der Persönlichkeit in Bezug auf das Geschlecht verstanden werden muss.
❌ Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die Definition unterkomplex ist. Die aktive Produktion der jeweiligen Gameten ist nämlich keine zwingende Voraussetzung für die Einordnung eines Individuums zum jeweiligen Geschlecht. Denn selbstverständlich erstreckt sich die biologische Geschlechtsdefinition auch auf Individuen, die z. B. aufgrund ihres Reifestadiums keine Gameten produzieren.
❌ Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development; DSD) werden ebenfalls ignoriert. Zwar lassen sich diese aus zoologischer Sicht in den allermeisten Fällen als Pseudohermaphroditismus (Scheinzwittrigkeit) eindeutig dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zuordnen. Dennoch existiert mit der lateralen Variante der ovotestikulären DSD ein Phänomen, welches gelegentlich als "echter Hermaphroditismus des Menschen" bezeichnet wird (was aufgrund fehlender Funktionalität allerdings nicht unumstritten ist). Betroffene sind zwar in Ermangelung eines dritten Geschlechtszellentyps kein drittes Geschlecht, aber als Kombination beider Geschlechter immerhin eine dritte Geschlechtskategorie. Trumps Gender-Dekret versäumt es, dies anzuerkennen.
Hat Trump alle Menschen zu Frauen gemacht?
Seitens Trump-Kritikern wird in Sozialen Medien regelmäßig behauptet, Trump hätte mit seinem Gender-Dekret alle Menschen zu Frauen deklariert, weil er in seinem Dekret die Geschlechtszugehörigkeit auf den Zeitpunkt der Empfängnis festlegt.
(d) "Weiblich" bezeichnet eine Person, die bei der Empfängnis dem Geschlecht angehört, das die große Sexualzelle (Eizelle) produziert.
(e) „Männlich“ bezeichnet eine Person, die bei der Empfängnis dem Geschlecht angehört, das die kleine Sexualzelle (Spermium) produziert.
Feministen und Queer-Aktivisten behaupten immer wieder, Embryos seien zunächst weiblich und würden sich erst später vermännlichen. Tatsächlich sind Embryos strukturell geschlechtsneutral angelegt. Dieses sogenannte Bipotenial betrifft jedoch ausdrücklich nur die anatomischen Strukturen, die sich während der Geschlechtsentwicklung ausdifferenzieren, nicht jedoch das Geschlecht an sich [1][2]. Daher hat Trump weder alle Menschen als Frauen deklariert, noch Geschlechter als solches abgeschafft.
Nüchtern betrachtet ist Trumps Definition korrekt: Bei der Empfängnis, also dem Moment der Verschmelzung von Eizelle und Spermium zur Zygote (Syngamie), wird der Genotyp (die Gesamtheit der Erbinformationen, die in der DNA gespeichert sind, die festlegen, welche individuellen Merkmale ausgebildet werden) festgelegt. Das Vorhandensein eines Y-Chromosoms mit intaktem SRY-Gen (Sex-determining Region of Y) führt in der Regel zur Entwicklung männlicher Gonaden (Hoden), während dessen Abwesenheit zur Entwicklung weiblicher Gonaden (Eierstöcke) führt. Diese sogenannte gonadale Geschlechtsdifferenzierung beginnt etwa in der 6. Schwangerschaftswoche. Trumps Definition stützt sich also auf eine vereinfachte, aber im Grundsatz nachvollziehbare biologische Logik.
Allerdings lässt sich nicht bestreiten, dass diese Sichtweise zu kurz greift: Es existieren nicht nur seltene Entwicklungsstörungen, bei denen Genotyp und Phänotyp nicht übereinstimmen, sondern darüber hinaus auch dokumentierte Einzelfälle, die das sicher geglaubte Verhältnis zwischen Genotyp und Geschlecht (Sexus) infrage stellen. So beschreibt ein medizinischer Fallbericht eine fertile Frau mit einem 46,XY-Karyotyp und intaktem SRY-Gen [3]. Diese genetische Ausstattung zum Zeitpunkt der Empfängnis lässt normalerweise eine männliche Geschlechtsentwicklung erwarten. Trumps Gender-Dekret würde diese Person demnach dem männlichen Geschlecht zuordnen. Die Frau entwickelte jedoch funktionale Eierstöcke und konnte ein Kind gebären, ist also zweifelsfrei weiblich. Solche extrem seltenen DSD-Phänomene zeigen, dass das SRY-Masterkontrollgen allein nicht ausreicht, um die sexuelle Differenzierung zu bestimmen. Vielmehr ist sie das Ergebnis eines komplexen genetischen, hormonellen und epigenetischen Netzwerks.
Zwar kann theoretisch eine umfassende Genomanalyse Hinweise liefern, ob trotz eines 46,XY(SRY+)-Profils eine weibliche Entwicklung zu erwarten ist. Eine reduzierte Aktivität oder Mutation in zentralen Geschlechtsentwicklungsgenen, wie z. B. SOX9, das für die Hodenentwicklung entscheidend ist, kann trotz aktivem SRY-Gen dazu führen, dass keine Hoden entstehen [4]. Genetische Duplikationen oder Deletionen, etwa im DAX1/NROB1-Locus, der bei Überexpression SRY/SOX9 unterdrücken und die Entwicklung in Richtung Eierstock lenken kann, liegen auch schon zum Zeitpunkt der Empfängnis vor. Gleiches gilt für Störungen in Genen wie RSPO1, WNT4 oder FOXL2, die die weibliche Entwicklung aktiv fördern [5]. Epigenetische Veränderungen, wie z. B. DNA-Methylierungsmuster, die bestimmte Gene "stumm schalten" (etwa wenn SOX9 epigenetisch blockiert wird) sind ebenfalls möglich.
All diese Faktoren ließen sich mit modernen Hochdurchsatzverfahren wie Whole Genome Sequencing, Array-CGH oder epigenetischer Analyse identifizieren. Doch solche Analysen sind aufwendig, teuer und im klinischen Alltag deshalb nicht Standard. Vor allem: Selbst wenn man solche Varianten findet, ist ihre funktionelle Bedeutung nicht immer klar, da nicht jede Mutation zwangsläufig zu einer veränderten Entwicklung führt.
Eine bereits zum Zeitpunkt der Empfängnis vorhandene genetische Veranlagung zur atypischen Geschlechtsentwicklung ist somit zwar prinzipiell nachweisbar, wenn gezielt und tief genug untersucht wird, eine absolut sichere Vorhersage der Geschlechtsentwicklung ist jedoch nicht möglich. Zu viele Faktoren wirken im Zusammenspiel (genetisch, epigenetisch, hormonell), sodass es basierend auf dem heutigen Stand der medizinischen Diagnostik keine einfache, deterministische Linie von "Genotyp bei Empfängnis" zu "endgültigem Geschlecht" gibt.
Diese Erkenntnis unterstreicht, dass biologische Geschlechtsentwicklung nicht nur durch das Vorhandensein bestimmter Gene, sondern durch deren Regulation, Interaktion und Kontext bestimmt wird. Dieser wichtige Aspekt wird in politischen oder juristischen Geschlechtsdefinitionen wie Trumps Gender-Dekret oft nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar steht der Genotyp bei der Empfängnis fest und in den allermeisten Fällen wird damit bereits das Geschlecht festgelegt, doch die tatsächliche geschlechtliche Entwicklung erfolgt über Wochen und Monate. Hierbei können verschiedenste Faktoren Einfluss nehmen, sodass in extrem seltenen Fällen nicht nur Menschen mit einem typisch männlichen Genotyp weibliche Geschlechtsmerkmale entwickeln, sondern tatsächlich eine echte weibliche Geschlechtsentwicklung durchlaufen (und umgekehrt).
Fazit
Die Trumpsche Definition basiert auf einem biologisch nachvollziehbaren Modell, das in der Mehrzahl der Fälle korrekt ist. Sie spiegelt jedoch nicht die volle Komplexität der biologischen Realität wider. Die genetische Ausstattung eines Menschen legt zwar den Rahmen für die geschlechtliche Entwicklung fest, doch sie ist nicht in jedem Fall vollständig deterministisch. Biologie kennt Ausnahmen, Übergänge und Abweichungen vom Regelfall und gerade in der medizinischen Praxis sind diese keineswegs theoretisch, sondern konkret und relevant.
Quellen
[1] APA 7th Edition: Tickle, C., Arias, A. M., Placzek, M., & Wolpert, L. (2025). Wolpert's principles of development (7th ed.). Oxford University Press.
[2] Rey R, Josso N, Racine C. Sexual Differentiation. [Updated 2020 May 27]. In: Feingold KR, Ahmed SF, Anawalt B, et al., editors. Endotext [Internet]. South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc.; 2000-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279001/
[3] Miroslav Dumic, Karen Lin-Su, Natasha I. Leibel, Srecko Ciglar, Giovanna Vinci, Ruzica Lasan, Saroj Nimkarn, Jean D. Wilson, Ken McElreavey, Maria I. New, Report of Fertility in a Woman with a Predominantly 46,XY Karyotype in a Family with Multiple Disorders of Sexual Development, The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, Volume 93, Issue 1, 1 January 2008, Pages 182–189, https://doi.org/10.1210/jc.2007-2155
[4] Sekido, R., Lovell-Badge, R. Sex determination involves synergistic action of SRY and SF1 on a specific Sox9 enhancer. Nature 453, 930–934 (2008). https://doi.org/10.1038/nature06944
[5] Lauber-Biason, Anna. (2012). WNT4, RSPO1, and FOXL2 in sex development. Seminars in reproductive medicine. 30. 387-95. DOI: 10.1055/s-0032-1324722.
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