Samstag, 4. Mai 2024

Kritik an Arbeitsblättern zur Geschlechtsidentität im Biologieunterricht

Im Januar 2023 sorgte die Kölner "Hildegard von Bingen"-Schule medial für Aufsehen, nachdem im Biologieunterricht der 6. Klasse Arbeitsblätter eines Hygieneartikel-Herstellers (Archivlink) zu Themen der "geschlechtlichen Vielfalt", "sexuellen Orientierungen" und "geschlechtsangleichenden Operationen" bearbeitet wurden. Die IG Sexualbiologie sieht diese Entwicklung mit großer Sorge und plädiert für eine altersgerechte, sachlich-naturwissenschaftliche Sexualaufklärung fernab ideologischer Narrative.
 

"Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt" im always-Themenportal Pubertät

Biologieunterricht braucht naturwissenschaftliche Grundlagen

Zentraler Kritikpunkt: Die Arbeitsblätter vermischen psychologische und soziologische Begriffe mit biologischen Fakten, ohne eine klare Trennung oder kritische Einordnung vorzunehmen. Begriffe wie "soziales Geschlecht" oder "Geschlechtsidentität" werden als gleichwertig oder gar übergeordnet zum biologischen Geschlecht dargestellt – ohne dass Schülern vermittelt wird, dass diese Begriffe nicht durch objektive, naturwissenschaftliche Methoden belegbar sind.
 
In den Arbeitsblättern wird unter dem Themenkomplex "Soziales Geschlecht" behauptet, dass es auf die Frage, wie viele Geschlechter es gibt, keine einfache Antwort gäbe. Solche Aussagen sind für den Biologieunterricht aus unserer Sicht untragbar. In der Biologie ist das Geschlecht eines Menschen eindeutig definiert: über die funktionale Entwicklung hin zur Produktion von Ei- oder Samenzellen. Anomalien in Form von Disorders of Sex Development (DSD) oder psychische Dysphorien ändern nichts an der Tatsache, dass der Mensch eine zweigeschlechtliche Fortpflanzung aufweist. Deshalb ist die Frage im Kontext der Biologie sehr wohl einfach zu beantworten: zwei Geschlechter mit klarer reproduktiver Funktion.
 
Die Arbeitsblätter suggerieren, dass das Thema "Geschlechtsidentität" etwas ganz Wunderbares sei:
 

Dadurch wird das heikle Thema der geschlechtsangleichenden Maßnahmen in einen problematischen Rahmen gesetzt. Kinder könnten so den Eindruck bekommen, als wären geschlechtsangleichende Maßnahmen erstrebenswert. Wer nicht respektiert wird, "ändert" einfach sein "Geschlecht" und darf dann Respekt einfordern. Wer Kritik daran äußert, soll laut den Arbeitsblättern den Fehler bei sich selber suchen. So werden Kinder indoktriniert und die Fähigkeit kritischen Denkens im Keim erstickt.

Frühsexualisierung unter dem Deckmantel der Vielfalt?

Die verwendeten Arbeitsblätter erwecken den Eindruck, dass Geschlechtsidentität ein individuell wählbares, fluides Konstrukt sei, das nichts mit biologischen Grundlagen zu tun habe. So werden Kinder im präpubertären Alter etwa mit dem Begriff "Agender" oder dem Konzept des "richtigen Körpers" konfrontiert – mit der suggestiven Wirkung, dass körperliche Geschlechtsmerkmale zweitrangig seien und gegebenenfalls chirurgisch oder hormonell angepasst werden könnten.
 
  
Die IG Sexualbiologie sieht hierin eine Form der sogenannten "Frühsexualisierung". Kinder sollen altersgerecht über biologische Vorgänge wie Fortpflanzung, körperliche Entwicklung und sexuelle Gesundheit aufgeklärt werden, jedoch nicht mit umstrittenen Konstrukte aus den Gender Studies konfrontiert werden, deren Grundlagen weder medizinisch validiert noch pädagogisch geeignet für Sechstklässler sind.

Politische Ideologie im Klassenzimmer?

Dass die Arbeitsmaterialien von einem Unternehmen stammen, das durch Werbeaktionen gezielt auf Themen wie "Genderdiversität" setzt, wirft zusätzliche Fragen auf. Die Einbindung solcher Inhalte im staatlichen Biologieunterricht führt zu einer problematischen Verschiebung: vom Bildungs- zum Meinungsauftrag. Wenn Lehrmaterialien suggerieren, dass "Geschlechtsumwandlungen" (kosmetische Veränderungen der Geschlechtsanatomie) eine Option zur Selbstverwirklichung seien, verfehlt der Unterricht seinen naturwissenschaftlichen Bildungsanspruch.

Insbesondere der unkritische Einsatz solcher Materialien birgt die Gefahr einer schleichenden Ideologisierung. Lehrkräfte und Bildungsinstitutionen sollten besonders sensibel mit Themen umgehen, die tief in die persönliche und körperliche Identität von Kindern eingreifen.

Differenzierte Aufklärung statt Identitätspädagogik

Selbstverständlich befürwortet die IG Sexualbiologie eine faktenbasierte, respektvolle Thematisierung von Phänomenen wie Transgeschlechtlichkeit oder gleichgeschlechtlicher Orientierung im Rahmen des Sexualkundeunterrichts, wie es die Kernlehrpläne für Naturwissenschaften in Nordrhein-Westfalen vorsehen. Dabei muss jedoch stets eine altersgerechte und biologische Perspektive gewahrt bleiben – insbesondere im naturwissenschaftlichen Fachunterricht.

Themen wie soziale Geschlechterrollen, Identitätsfragen oder gesellschaftliche Debatten über Sprache und Diskriminierung gehören in den Sozialkunde- oder Ethikunterricht, wo sie kritisch, pluralistisch und multiperspektivisch besprochen werden können.
 

Fazit 

Der Biologieunterricht darf kein Vehikel politischer Weltanschauung werden. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf eine altersgemäße, sachliche und evidenzbasierte Bildung – insbesondere im sensiblen Bereich der Sexualaufklärung. Die IG Sexualbiologie fordert daher eine strikte Trennung von Naturwissenschaft und Identitätspolitik im Klassenzimmer sowie eine stärkere Prüfung und Qualitätskontrolle von extern entwickelten Unterrichtsmaterialien.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts