Jedes Jahr im Juni verwandeln sich die sozialen Medien großer Konzerne schlagartig in bunte Regenbogenlandschaften. Logos werden eingefärbt, Hashtags verkünden Solidarität und in Schaufenstern wimmelt es von Vielfaltsslogans. Juni ist der Pride Month – ein Monat, der ursprünglich die Sichtbarkeit, Rechte und Geschichte von Menschen mit einer von der Heteronormalität abweichenden erotischen Präferenz oder Geschlechtsidentität in den Fokus rücken sollte. Doch aus biologischer Sicht lässt sich noch ein anderer Begriff für das beobachten, was viele Firmen in dieser Zeit praktizieren: Mimikry
Was ist Mimikry?
In der Biologie beschreibt Mimikry das Phänomen, dass ein Lebewesen das Aussehen, Verhalten oder andere Eigenschaften eines anderen Organismus imitiert – oft zum eigenen Vorteil. Ein klassisches Beispiel sind Vertreter der harmlosen Schwebfliegen (Familie Syrphidae), die durch ihre schwarz-gelbe Färbung eine gefährliche Wespe vortäuschen und so Fressfeinde abschrecken. Die Schwebfliege wird nicht gefressen, weil sie aussieht, als könne sie stechen (Schutzmimikry).
Bei der sogenannten Lockmimikry hingegen ahmt ein Lebewesen ein für Beute oder Bestäuber attraktives Vorbild nach, um so Beute oder Bestäuber anzulocken. Beispiel: Der Seeteufel (Lophius piscatorius), der einen wurmähnlichen Anhängsel hat, um Fische anzulocken.
Mimikry ist somit ein evolutionäres Täuschungsmanöver, das nicht auf Kooperation, sondern auf Eigennutz basiert.
Mimikry in der Wirtschaft: Der Juni als Hochsaison der Täuschung
Übertragen wir dieses Prinzip auf das Verhalten vieler Unternehmen während des Pride Month, ergibt sich ein erstaunlich klares Bild. Sobald der Juni beginnt, scheinen viele Marken plötzlich für Diversität, Inklusion und Gleichberechtigung zu stehen. Sie "färben sich ein" und imitieren die Zeichen echter Unterstützung. Doch wie tief reicht dieses Engagement wirklich?
Eine besonders auffällige Form dieser Mimikry zeigt sich in der geografisch selektiven Darstellung. Während Logos in westlichen Ländern in Regenbogenfarben erstrahlen, bleiben sie auf den Social-Media-Kanälen derselben Firmen in Regionen wie dem Nahen Osten, Teilen Asiens oder Russland in neutralem Design: People notice eye-opening difference between corporate Pride logos in US versus Middle East
Wo Abweichungen von der Heteronormalität oft kriminalisiert oder gesellschaftlich geächtet sind, bleibt das bunte Bekenntnis aus. Die angebliche Solidarität endet also genau dort, wo sie unbequem oder geschäftsschädigend werden könnte, wo sie jedoch am dringendsten benötigt wird.
Dieses Verhalten ist kein Zeichen echter Überzeugung, sondern ein kalkuliertes Abwägen von Kosten und Nutzen – eben Mimikry in Reinform!
Virtue Signaling: Die Illusion der Werte
Der Begriff Virtue Signaling beschreibt das demonstrative Zurschaustellen von moralischer Überlegenheit, häufig ohne tatsächliche Konsequenzen oder Handlungen folgen zu lassen. Die Kombination aus Mimikry und Virtue Signaling führt zu einer perfiden Mischung: Unternehmen heften sich soziale Anliegen symbolisch ans Revers und nutzen sie für Marketingzwecke, ohne jedoch echte Verantwortung zu übernehmen.
Wirkliche Solidarität ist keine Frage des Kalenders und keine, die an Landesgrenzen endet. Sie bedeutet Einsatz – auch und insbesondere, wenn er unbequem ist. Wer sich nur dort zu Menschenrechten bekennt, wo es sicher und profitabel ist, sendet letztlich die Botschaft: Wir sind für Vielfalt… solange sie sich auszahlt.
Getarnt gegen Gegenwind
Neben der offensichtlichen Lockmimikry, bei der Unternehmen durch Regenbogenfarben gezielt die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen einer bestimmten Zielgruppe anlocken, lässt sich ihr Verhalten auch als Schutzmimikry deuten. In der Natur imitieren harmlose Arten oft das Erscheinungsbild gefährlicherer Tiere, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Übertragen auf den Pride Month bedeutet das: Firmen kleiden sich in "queere" Symbolik nicht nur, um sichtbar tolerant zu wirken, sondern auch, um sich vor öffentlicher Kritik oder Anfeindung durch "LGBTQIA+-Aktivist*innen" zu schützen. Wer die Regenbogenflagge hisst, signalisiert: Greift mich nicht an, ich gehöre zu euch.
Vom Pride Month zum Mimikry Month?
Als Biologen schlagen wir daher vor, den Juni mit einem Augenzwinkern (und einer Prise bitterem Ernst) umzubenennen: Mimikry Month – die Zeit im Jahr, in der wir genau hinschauen sollten, wer wirklich für Werte eintritt und wer sie lediglich imitiert.


Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen