Sonntag, 22. Juni 2025

Programmbeschwerde: BBC-Bericht über Milch von "Transfrau"

Die britische, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt BBC gilt weltweit als Maßstab für seriösen Journalismus. Umso bemerkenswerter ist es, wenn selbst die BBC bei einem hochsensiblen medizinischen Thema gravierende journalistische Standards verletzt. Genau das ist am 19. Februar dieses Jahres geschehen, als der Sender im Rahmen der Sendung 'The Context' (BBC News Channel) die Behauptung verbreitete, Milch von sogenannten "Transfrauen" (also transidenten Männern), die durch medikamentös induzierte Laktation erzeugt wurde, sei ernährungsphysiologisch gleichwertig mit Muttermilch und ebenso unbedenklich für Säuglinge:
 
 
Eine Beschwerde bei der BBC-eigenen Kontrollinstanz (Executive Complaints Unit, ECU) wurde nun teilweise bestätigt. Die Entscheidung liest sich wie eine Anklage gegen einseitige Berichterstattung und das Ignorieren wissenschaftlicher Vorsicht. Auslöser war ein geleakter Brief der medizinischen Direktorin eines NHS-Trusts, in dem behauptet wurde, die Milch induziert laktierender "Transfrauen" sei "just as good for babies as breast milk" ("genauso gut für Babys wie Muttermilch"). Die BBC lud daraufhin die Aktivistin und angehende Laktationsberaterin Kate Luxion ein, die diese Aussage ohne nennenswerte Gegenrede bestätigte. Weder wurde die extrem dünne Datenlage thematisiert noch wurden mögliche Risiken der eingesetzten Medikamente (insbesondere Domperidon und Spironolacton) auch nur erwähnt. 
 

Eine sehr dünne Datenlage und "Expertise"

Die ECU stellte nun fest, dass von den fünf Studien, auf die sich die NHS-Direktorin berief, befasste sich genau eine mit einer Transfrau – eine einzelne Fallbeobachtung an einem einzigen Säugling über lediglich wenige Wochen [1]. Alle anderen Studien betrafen "biologische" Frauen nach adoptierten Kindern oder Relaktation; eine befasste sich mit einer transidenten Frau (Transmann), also einer ebenfalls biologisch weiblichen Person [2]. Die BBC verschwieg diesen entscheidenden Unterschied und erweckte den Eindruck, es liege eine solide Evidenzbasis vor. Die ECU spricht von einer "materially misleading impression" – also einer wesentlich irreführenden Darstellung. 
 
Es gibt bis heute keinerlei Langzeitdaten darüber, wie sich die in der Milch nachweisbaren Medikamente (u. a. Domperidon, Cyproteronacetat, Spironolacton und Östrogene in pharmakologischen Dosen) auf die kindliche Entwicklung auswirken. Domperidon etwa steht seit Jahren in der Kritik, weil es das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen erhöht – ein Risiko, das bei Säuglingen besonders schwerwiegend ist. Die European Medicines Agency (EMA) hat die Anwendung bei stillenden Müttern wiederholt eingeschränkt. All diese Aspekte fanden im BBC-Beitrag keinerlei Erwähnung.
 
Der Beitrag der BBC suggerierte ferner, auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstütze die Gleichwertigkeit von medikamentös induzierter Milch bei Männern gegenüber Muttermilch. Das ist schlicht falsch. Die zitierten WHO-Leitlinien beziehen sich ausschließlich auf biologisch weibliche Personen und Relaktation/Adoption. Biologisch männliche Transfrauen werden von der WHO mit keinem Wort erwähnt. Auch hier konstatierte die ECU eine irreführende Darstellung.
 
Kate Luxion wurde außerdem als neutrale "Research Fellow" und Laktationsberaterin in Ausbildung präsentiert. Tatsächlich ist sie eine bekannte Aktivistin in der Transgender-Gesundheitsszene, die sich auf ResearchGate selbst als "nicht-binär/genderqueer" bezeichnet und ein offensichtliches ideologisches Interesse an der Normalisierung von Brustfütterung durch Transfrauen hat. Die ECU kritisiert, dass ihre Aussagen zu nicht vorhandenen Gesundheitsbedenken ohne ausreichenden Widerspruch blieben und dass kein einziger Mediziner oder Toxikologe zu Wort kam, der die erheblichen Wissenslücken und Risiken hätte benennen können.  
 

Fazit

Der teilweise bestätigte Beschwerdeentscheid der BBC zeigt exemplarisch, wie selbst renommierte Medienhäuser bei gesellschaftlich aufgeladenen Themen bereit sind, wissenschaftliche Sorgfalt und journalistische Ausgewogenheit zugunsten einer ideologischen Linie aufzugeben. Wenn eine einzige Fallbeobachtung ohne Langzeitdaten und ohne Berücksichtigung bekannter Medikamentenrisiken als wissenschaftliche Evidenz präsentiert wird, überschreitet das die Grenze zur Desinformation. Für die Gesundheit von Säuglingen – der verletzlichsten Gruppe unserer Gesellschaft – darf es keine Kompromisse geben. Die Entscheidung der ECU ist ein wichtiger Schritt, der die ursprüngliche Kritik stärkt. Wo ideologische Wünsche auf mangelhafte Evidenz treffen, muss die Vorsicht siegen. Nicht die Begeisterung darüber, dass etwas technisch möglich ist. 
 
Medizinische Aussagen über die Ernährung von Säuglingen dürfen ausschließlich auf robuster, langfristiger Evidenz beruhen – nicht auf Einzelfällen und nicht auf postmodernem Wunschdenken. Alles andere ist unverantwortlich.
 

Quellen

[1] Weimer AK. Lactation Induction in a Transgender Woman: Macronutrient Analysis and Patient Perspectives. Journal of Human Lactation. 2023;39(3):488-494. doi:10.1177/08903344231170559
 
[2] Oberhelman-Eaton S, Chang A, Gonzalez C, Braith A, Singh RJ, Lteif A. Initiation of Gender-Affirming Testosterone Therapy in a Lactating Transgender Man. Journal of Human Lactation. 2021;38(2):339-343. doi:10.1177/08903344211037646

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