In einer Sendung des ARD-Wissenschaftsformats "Quarks" mit dem Titel "Intersexualität: Warum es mehr als zwei Geschlechter gibt" moderiert Mai Thi Nguyen-Kim eine Thematik, die eigentlich einer differenzierten und fachlich korrekten Darstellung bedürfte:
Die Sendung fällt stattdessen jedoch durch semantische Unschärfen, wissenschaftlich fragwürdige Aussagen und eine Vermischung biologischer und gesellschaftspolitischer Konzepte auf. Biologisch betrachtet – und das ist hier entscheidend – ist das Geschlecht nicht beliebig interpretierbar, sondern klar definiert.
Geschlecht ist binär
Die naturalistische Biologie kennt nur zwei Geschlechter. Diese Definition beruht (insbesondere bei der in der Quarks-Sendung diskutierten Biospezies Homo sapiens) auf einem fundamentalen Prinzip der Fortpflanzung: Anisogamie
Das männliche Geschlecht ist potenziell darauf ausgelegt, bewegliche Mikrogameten (Spermien) zu produzieren, während das weibliche Geschlecht unbewegliche, aber dafür nährstoffreiche Makrogameten (Eizellen) bereitstellt. Diese binäre Unterscheidung ist universell in der sexuellen Reproduktion der Eukaryoten und nicht Gegenstand sozialer Aushandlung oder "kultureller Vielfalt". Es gibt keinen dritten Gametentypus ("Mesogameten") und folglich auch kein Geschlecht abseits der Binarität.
Was Quarks falsch darstellt
Trotz dieses klaren biologischen Fundaments suggeriert die Quarks-Sendung das Bild, dass Geschlecht ein Spektrum sei und dass "Intergeschlechtlichkeit" belege, dass die Zweigeschlechterordnung biologisch überholt sei.
Dies ist wissenschaftlich nicht haltbar! Die sogenannte "Intersexualität" (korrekt: Störungen der Geschlechtsentwicklung; Disorders of Sex Development (DSD)) ist kein drittes Geschlecht, sondern beschreibt seltene medizinische Konstellationen, bei denen die untergeordneten Kategorien der menschlichen Geschlechtsbiologie (chromosomal, gonadal, genital) nicht eindeutig übereinstimmen.
Faktisch handelt es sich um Ausnahmefälle innerhalb der übergeordneten Geschlechtskategorien "männlich" oder "weiblich", nicht um zusätzliche Kategorien gleichen Ranges.
Dass sowohl die ICD-10 als auch die in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzte ICD-11 aus guten Gründen von Störungen sprechen, wird in der Sendung vollständig ignoriert. Stattdessen wird behauptet, "Intersexualität" sei etwas ganz Natürliches, was am Anfang unseres Lebens stünde. Eine Aussage, die nicht nur medizinisch irreführend, sondern auch biologisch falsch ist: Störungen der Geschlechtsentwicklung sind pathologisch, oft mit hormonellen, fertilitätsbezogenen sowie anatomischen Problemen verbunden und daher keine evolutionäre Norm. Deshalb stehen solche Anomalien logischerweise nicht am Anfang einer normalen Geschlechtsentwicklung: Ist "Intersexualität" der Normalzustand?
Begriffliche und biologische Fehlgriffe
In der Sendung bezeichnet sich eine betroffene DSD-Person selbst als "Zwitter". Diese Selbstbezeichnung wird unkommentiert stehengelassen, was aus wissenschaftlicher Sicht hochproblematisch ist. Denn beim Menschen existiert kein Zwitterzustand im biologischen Sinne.
Zwitter (Hermaphrodit) bedeutet wörtlich "Zwei-Geschlechtlichkeit" und beschreibt das evolvierte Vorhandensein beider Fortpflanzungssysteme mit potenziell funktionsfähigen Gameten beider Typen in einem Organismus. Echte Hermaphroditen existieren z. B. bei bestimmten Schnecken, Regenwürmern oder Fischen, was in der Quarks-Sendung zwar thematisiert, jedoch nicht korrekt eingeordnet wird. Bei diesen Tieren ist Zwittrigkeit nämlich eine klare Strategie innerhalb der binären Sexualität. Die Individuen vereinen exakt zwei Geschlechterfunktionen (Ei- und Samenzellenproduktion), aber niemals eine dritte. Der Begriff "Zwitter" ist daher ein Ausdruck der Binarität, nicht ihrer Aufhebung (sonst hieße es "Dritter").
Beim Menschen hingegen gibt es keinen dokumentierten Fall, bei dem ein Individuum gleichzeitig funktionale Ovarien und Hoden besitzt, die beide Gametentypen produzieren. Die sogenannte laterale ovotestikuläre DSD, bei der ein Individuum sowohl Hoden- als auch Eierstockgewebe besitzt, ist davon keine Ausnahme. Denn auch bei dieser DSD entstehen nicht gleichzeitig reife Spermien und Eizellen, sodass auch hier keine echte Zwitterfunktion im biologischen Sinn vorliegt. Dieser "nicht-funktionale Hermaphroditismus des Menschen" stellt daher bloß eine Variation innerhalb pathologischer Entwicklungsstörungen dar und bestätigt letztlich die Regel der binären Gametologie beim Menschen.
DSD-Betroffene zeigen somit Entwicklungsstörungen innerhalb der binären Matrix, aber nicht das gleichzeitige Vorhandensein beider reproduktiver Funktionen. Daher ist die Verwendung des Begriffs "Zwitter" auf den Menschen sachlich falsch und irreführend, was von der Moderatorin hätte klargestellt werden müssen.
Selbst wenn man zumindest die laterale ovotestikuläre DSD als "Zwitterzustand" anerkennen würde, änderte das nichts an der Tatsache, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Denn diese sowie die in der Quarks-Sendung angeführten Beispiele aus dem Tierreich bestätigen nicht die Auflösung, sondern die Existenz und Flexibilität innerhalb der binären Sexualität etwa bei Fischen (wie dem in der Sendung genannten Schafskopf-Lippfisch (Semicossyphus reticulatus)), die ihr Geschlecht zwar wechseln können, aber stets nur zwischen zwei Polen (männlich oder weiblich) und dies explizit ohne Zwischengeschlecht mit einem dritten Gametentypus.
Auch das macht deutlich: Es gibt keinen dritten Sexus.
Ideologie statt Biologie im Öffentlich-Rechtlichen?
Der Eindruck drängt sich auf, dass die Quarks-Sendung weniger der wissenschaftlichen Aufklärung dient, sondern eher eine politisch-ideologische Agenda verfolgt und diese unter Anscheinswahrung von Wissenschaftlichkeit an die Zuschauer vermittelt. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den erheblichen medizinischen, psychologischen und rechtlichen Risiken von "Intersexualität" bleibt ebenso aus, wie jede Form von Kontroverse oder Expertenkritik.
Wissenschaftliche Kommunikation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk trägt Verantwortung – insbesondere in sensiblen gesellschaftlichen Debatten. Die Quarks-Sendung zum Thema "Intersexualität" wird dieser Verantwortung aus unserer Sicht nicht gerecht. Statt differenzierter Information liefert sie eine Mischung aus Halbwissen, Begriffsunschärfe und normativem Aktivismus. Eine faktenbasierte Diskussion ist jedoch gerade in Zeiten, in denen wissenschaftliche Klarheit zunehmend ideologischen Narrativen weichen muss, dringend notwendig.
Biologisch gesehen bleibt es dabei: Das Geschlecht ist binär, basierend auf Gameten. Störungen der Geschlechtsentwicklung begründen kein drittes Geschlecht, sondern sind eine medizinisch relevante Anomalie.
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