Sonntag, 17. August 2025

Freundinnen fürs Leben: Wie Gorillaweibchen "feministisch netzwerken"

Bild von R N auf Pixabay
Bei vielen Tierarten ist der Gruppenwechsel ein zentraler Bestandteil des Lebenslaufs. Individuen verlassen ihre Geburtsgruppe, um Inzucht zu vermeiden, genetische Vielfalt zu fördern oder neue soziale Chancen zu nutzen. Bei Berggorillas (Gorilla beringei beringei), einer der am besten erforschten Menschenaffenarten, ist dieses Verhalten besonders spannend. Sowohl Männchen als auch Weibchen wechseln im Lauf ihres Lebens mehrfach ihre Gruppe. Etwa 50 Prozent beider Geschlechter wandern ab, wobei Weibchen oft mehrmals abwandern. Doch wie entscheiden die Weibchen, wohin sie gehen?

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Zürich und des Dian Fossey Gorilla Fund hat nun gezeigt, dass diese Entscheidungen nicht zufällig getroffen werden, sondern auf sozialen Beziehungen beruhen, die über Jahre hinweg gepflegt werden [1].

Ein Hauch von "feministischer" Evolution

Über zwei Jahrzehnte hinweg verfolgten die Forscher 152 dokumentierte Gruppenwechsel von 56 Gorillaweibchen. Die Weibchen mieden dabei Gruppen, in denen Männchen aus ihrer Geburtsgruppe lebten. Da die Vaterschaft bei Gorillas oft unklar ist, dient dieses Verhalten vermutlich zur Vermeidung von Inzucht. Gleichzeitig zeigten die Tiere eine deutliche Präferenz für Gruppen, in denen sich bekannte Weibchen aufhielten – insbesondere solche, mit denen sie bereits in ihrer Jugend zusammengelebt hatten. Diese vertrauten Beziehungen erleichtern offenbar den Einstieg in eine neue Gemeinschaft, reduzieren soziale Konflikte und schaffen Rückhalt in einer fremden Umgebung.

Die Studie von Martignac et al. (2025) zeigt eindrucksvoll, dass weibliche Strategien im Tierreich weit über Fortpflanzung hinausgehen. Soziale Verbundenheit wird zu einem evolutionären Werkzeug, das schützt und neue Möglichkeiten eröffnet. Der Eintritt in eine neue Gruppe kann riskant sein, doch eine vertraute Gefährtin kann die Integration erheblich erleichtern. So entstehen überlappende Beziehungsnetze, die nicht nur das Überleben der Einzelnen fördern, sondern auch das Fundament größerer, kooperativer Gesellschaften bilden – ein Muster, das sich in der menschlichen Evolution wiederfindet. 

Diese Form weiblicher Kooperation erinnert frappierend an menschliche Netzwerke, in denen Frauen soziale Bindungen nutzen, um Sicherheit, Unterstützung und Einfluss zu gewinnen. Auch menschliche Gesellschaften beruhen auf der Fähigkeit, Bindungen über Gruppen hinweg zu pflegen. Gorillaweibchen erinnern uns daran, dass selbst in der Wildnis soziale Intelligenz – und vielleicht ein gutes Netzwerk – überlebenswichtig sein können.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie werfen ein neues Licht auf die sozialen Grundlagen der Sexualbiologie: Nicht nur Konkurrenz oder Dominanz, sondern auch Vertrauen und Kooperation können entscheidende Treiber evolutionären Erfolgs sein.

Quellen

[1] Martignac Victoire, Eckardt Winnie, Mucyo Jean Pierre S., Ndagijimana Felix, Stoinski Tara S., Vecellio Veronica and Morrison Robin E. 2025 Dispersed female networks: female gorillas’ inter-group relationships influence dispersal decisions. Proc. R. Soc. B.29220250223. http://doi.org/10.1098/rspb.2025.0223

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