Dass Insekten mit Pheromonen kommunizieren, ist gut bekannt. Weniger verbreitet ist die Erkenntnis, dass auch Spinnen über chemische Botschaften ihre Partner finden. Ein Forschungsteam der Universität Greifswald und Simon Fraser University um Andreas Fischer hat jetzt neue Details über die "Sprache der Düfte" der Westlichen Schwarzen Witwe (Latrodectus hesperus) entschlüsselt [1]. Die Studie zeigt nicht nur, welche chemischen Signale bei der Partnerfindung eine Rolle spielen, sondern auch, dass die Tiere ihr "Duftmarketing" saisonal anpassen – eine raffinierte Form sexueller Strategie.
Chemische Botschaften im Spinnennetz
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| Südliche Schwarze Witwe (Latrodectus mactans), eine Schwesterart von L. hesperus. (Foto: CDC/James Gathany) |
Die Studie zeigt, dass diese Pheromone chemisch "weiterarbeiten". Die Kontaktstoffe auf dem Netz werden enzymatisch gespalten, wobei Isobuttersäure (2-Methylpropansäure) als flüchtiger Duftstoff entsteht, der über die Luft Männchen anzieht. So wird aus dem Spinnennetz in eine Art chemischen Verstärker, der über längere Zeit ein "Ich bin bereit"-Signal sendet, auch wenn das Weibchen selbst unbeweglich bleibt. In Feldexperimenten lockte synthetische Isobuttersäure tatsächlich männliche Schwarze Witwen in Fallen, was die Wirksamkeit als "Sexduft" belegt. Für Menschen riecht Isobuttersäure allerdings alles andere als sexy – eher nach ranziger Butter, altem Käse oder Erbrochenem. Sie entsteht übrigens auch beim Abbau von Schweiß oder in gereiftem Käse. Doch was uns die Nase rümpfen lässt, wirkt auf männliche Schwarze Witwen wie ein unwiderstehliches Parfüm.
Der Pheromonkalender
Spannend ist die jahreszeitliche Dynamik. Über ein Jahr hinweg sammelten die Forscher Netze und analysierten die Pheromonmengen. Dabei stellte sich heraus, dass die chemische Aktivität ihren Höhepunkt im Sommer erreicht, wenn die meisten Männchen geschlechtsreif sind. Längere Tageslichtphasen und wärmere Temperaturen stimulieren offenbar die Produktion und Freisetzung der Duftstoffe. Regen dagegen wäscht die Pheromone aus den Netzen und mindert so die Signalstärke. Die Spinnen passen ihr chemisches Werben also gezielt an Umweltbedingungen und Partnerverfügbarkeit an – ein Paradebeispiel für strategisches sexuelles Signalling.
Interessanterweise reagierten nicht nur Männchen, sondern gelegentlich auch Weibchen auf die Sexpheromone. Das deutet darauf hin, dass Spinnen möglicherweise ihre eigenen Duftsignale wahrnehmen und darauf ihr Verhalten abstimmen, um sich etwa in Kolonien zu organisieren oder Konkurrenz zu vermeiden. So könnte das Duftsystem auch soziale Funktionen erfüllen, die über reine Partnerfindung hinausgehen.
Fazit
Die Arbeit von Fischer et al. (2025) zeigt eindrucksvoll, dass chemische Kommunikation auch bei Spinnen hochkomplex und flexibel ist. Weibliche Westliche Schwarze Witwen investieren gezielt in ihre Duftbotschaften, um in der heißen Jahreszeit effizient Partner anzulocken – ein ökologisch und energetisch sinnvoller Balanceakt. Gleichzeitig illustriert die Studie, wie eng Umweltfaktoren, Biochemie und Sexualverhalten miteinander verwoben sind.
Quellen
[1] Fischer, A., Fischer, A.J., Gries, R. et al. Identification and Seasonal Abundance of Web- and Air-Borne Sex Pheromone Components of Western Black Widow Spiders, Latrodectus hesperus. J Chem Ecol 51, 36 (2025). https://doi.org/10.1007/s10886-025-01590-6

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