Vor kurzem hat das Athena Forum – eine europäische Initiative, die sich für den Schutz und die Förderung geschlechtsspezifischer Rechte einsetzt und sich gegen deren falsche Darstellung im öffentlichen Diskurs einsetzt – mit Unterstützung von Sex Matters einen Bericht mit dem Titel "Beneath the Surface – How Gender Identity is reshaping Europe" veröffentlicht. Darin wird dokumentiert, wie sich in den letzten anderthalb Jahrzehnten ein tiefgreifender politisch-institutioneller Wandel vollzogen hat, in dessen Rahmen der biologisch definierte Begriff "Geschlecht" mehr und mehr durch eine subjektive "Gender Identity" ersetzt wird – mit weitreichenden Folgen.
Kernaussagen des Berichts
Der Bericht macht deutlich, dass grundlegende Prinzipien der Rechtsklarheit zunehmend erodieren. Schutzrechte, die ursprünglich klar auf dem sogenannten "biologischen" Geschlecht von Frauen und Mädchen basierten, verlieren ihre Bestimmtheit, sobald "sex" (Sexus) durch "gender identity" ersetzt wird. Was einst der Absicherung von Frauenräumen sowie der Parität der Geschlechter diente, wird unscharf, wenn subjektive Empfindungen an die Stelle biologischer Tatsachen treten.
Ein Schwerpunkt des Berichts liegt auch auf dem wachsenden Einfluss gut vernetzter Lobbyorganisationen. Insbesondere transaffirmative NGOs haben in den letzten Jahren erhebliche institutionelle Macht aufgebaut. Sie treten als Berater in EU- und Europaratsgremien auf, steuern Programme und erhalten zugleich beträchtliche finanzielle Förderung. So können sie ihre Agenda tief in politische Prozesse einbetten und langfristig das Verständnis von Geschlecht verändern. Besorgniserregend ist zudem, dass diese Verschiebungen oft nicht über offene Gesetzgebungsprozesse, sondern über sogenannte Soft-Law-Instrumente erfolgen. Leitlinien, Strategiepapiere und Empfehlungen werden eingesetzt, um still und leise neue Konzepte in die Institutionen einzuschreiben. Auf diese Weise entsteht ein schleichender Umbau der Gesellschaft, ohne dass breite öffentliche Diskussionen stattfinden.
Die Folgen dieses Prozesses sind gravierend. Frauenrechte und auch die Anliegen von Lesben und Schwulen werden geschwächt, weil ihre rechtliche Grundlage zunehmend verwischt. Gleichzeitig leidet die wissenschaftliche Klarheit, wenn biologische Kategorien durch Identitätsgefühle ersetzt werden. Auch demokratische Diskussionsräume schrumpfen, da Kritik an Gender-Identity-Konzepten oft vorschnell als Hass oder Diskriminierung abgewertet wird. Damit droht eine Gesellschaft, in der objektive Fakten durch subjektive Wahrnehmungen verdrängt werden.
Der Bericht bietet eine detaillierte Übersicht über die politischen Mechanismen, mit denen biologische Realität zunehmend verdrängt wird. Er macht sichtbar, wie still und leise Begriffe verschoben, Gesetze uminterpretiert und Schutzrechte aufgeweicht werden. Für alle, die sich für wissenschaftliche Aufklärung und den Erhalt der Zweigeschlechtlichkeit einsetzen, ist dieses Dokument daher von großem Wert.
Was das für die Sexualbiologie bedeutet
Im Bericht stellen sich zahlreiche Autoren und Mitwirkende aus Politik, Menschenrechtsarbeit und Pädagogik vor. Zwar finden sich mit Marianne Driessen (Hintergrund: Biologie/Sprachwissenschaften) und Elfriede Rometsch (Hintergrund: Ökologie und Technologie) einzelne naturwissenschaftliche Expertisen, doch insgesamt ist der Bericht deutlich stärker politik- und gesellschaftswissenschaftlich geprägt als biowissenschaftlich. Obwohl der Bericht "Beneath the Surface" inhaltlich fundiert und politisch wie gesellschaftlich bedeutsam ist, macht er keine detaillierten biologischen Aussagen. Gerade deshalb sehen wir als Interessenvereinigung von Biowissenschaftlern unsere Rolle darin, diese Leerstelle zu füllen.
Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist Geschlecht eindeutig: Zweigeschlechtlichkeit basiert auf Anisogamie, dem fundamentalen Unterschied zwischen kleinen, beweglichen Spermien und großen, unbeweglichen Eizellen. Männer und Frauen organisieren ihre Körper physiologisch und anatomisch different um ihre jeweilige Fortpflanzungsfunktion herum – ein Phänomen, das als Sexualdimorphismus bezeichnet wird. So zeigen sich Unterschiede in Muskelmasse, Fettverteilung und Hormonprofilen sowie damit verbunden auch in der neurologischen Entwicklung und dem Verhalten. Männer weisen im Durchschnitt höhere Testosteronwerte und größere körperliche Kraft auf, während Frauen zyklusbedingte hormonelle Schwankungen, eine höhere Lebenserwartung und die Fähigkeit zur Schwangerschaft und Geburt haben.
Diese biologisch verankerten Unterschiede bilden die Grundlage für Regelungen im Bereich Geschlechtergerechtigkeit und für geschlechtsspezifische Schutzräume. In sportlichen oder körperlich intensiven Kontexten markieren Leistungsunterschiede notwendige Grenzen. Schutzräume für Frauen entstehen aus dem Bedürfnis, auf spezifische biologische Vulnerabilitäten Rücksicht zu nehmen – sei es im Hinblick auf physische Sicherheit oder reproduktive Gesundheit. Geschlechtsspezifische Schutzräume, die sich an real vorhandenen anatomischen und physiologischen Merkmalen orientieren, sind außerdem nicht nur für heteronormale Frauen von Bedeutung. Auch lesbische Frauen und schwule Männer profitieren von Bereichen, die auf ihre körperliche Sicherheit und Gesundheit ausgelegt sind.
Die binäre gesellschaftliche Ordnung spiegelt den Sexualdimorphismus wider und dient nicht der Abwertung subjektiver Geschlechtsidentitäten, sondern der Berücksichtigung realer Unterschiede. Wenn Institutionen "Geschlecht" durch ein inneres "Identitätsgefühl" ersetzen, wird diese Realität verschleiert.
Fazit
Auch wenn "Beneath the Surface" in seiner Argumentation nicht immer den Anspruch strenger wissenschaftlicher Fundierung erfüllt und stärker politisch-strategisch geprägt ist, halten wir ihn für einen wichtigen Beitrag. Er macht sichtbar, wie tiefgreifend die Verschiebung des Geschlechtsbegriffes bereits in den europäischen Institutionen verankert ist und welche Folgen dies für Frauenrechte, Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Klarheit hat. Der Bericht ist ein Weckruf, der zeigt, wie weit der Verlust biologischer Klarheit in Politik und Gesellschaft bereits vorangeschritten ist. Für eine sachliche und evidenzbasierte Diskussion über Geschlecht brauchen wir genau solche Analysen – und den Mut, sie offen anzusprechen.
Wir unterstützen die Stoßrichtung des Berichts daher ausdrücklich.
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