Sonntag, 14. September 2025

Queere Tiere? Kritik an ARTE-Doku

Der deutsch-französische, öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter ARTE hat vor einigen Tagen eine Dokumentation mit dem Titel "Queere Tiere: Mehr als Männchen und Weibchen" auf YouTube veröffentlicht, die bereits am 8. März 2025 erstmals im linearen Fernsehen ausgestrahlt wurde:


Der Film will zeigen, dass die Natur vielfältiger ist, als man (angeblich) lange wahrhaben wollte. Dabei wird eine bunte Palette an Beispielen aus dem Tierreich vorgestellt – von "schwulen" Pinguinen über "lesbische" Makaken bis hin zu sequentiell geschlechtswechselnden Clownfischen. Auf den ersten Blick scheint die Botschaft klar: Die Natur sprengt enge Kategorien. Doch bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass hier wissenschaftliche Beobachtungen und identitätspolitische Deutungen nicht immer trennscharf ineinanderfließen.

Sexualverhalten ist nicht Geschlecht

Ein Kernproblem der Dokumentation ist die wiederkehrende Gleichsetzung von Sexualverhalten und einer angeblichen geschlechtlichen Vielfalt. Wenn zwei männliche Löwen eine enge Bindung eingehen oder wenn weibliche Makaken sich bevorzugt mit Artgenossinnen sozialisieren, dann sind das Beispiele für gleichgeschlechtliches Verhalten – nicht für neue Geschlechter und auch nicht für eine exklusive Präferenz vergleichbar mit der menschlichen "Homosexualität" (Homoerotik). Biologisch gesehen bleibt das Geschlecht über die Funktion der Gameten definiert. Wer Spermien produziert, ist Männchen, wer Eizellen produziert, Weibchen. Gleichgeschlechtliche Verhaltensvarianten innerhalb dieser Rahmenbedingungen sind keine eigenen Geschlechter und somit nicht "mehr als Männchen und Weibchen", wie der Titel der Doku suggeriert.

Das lässt sich beispielsweise an den gezeigten Pinguinen im New Yorker Zoo illustrieren. Zwei Männchen ziehen gemeinsam ein Küken groß. Das ist bemerkenswertes Sozialverhalten. Aber beide bleiben biologisch Männchen. Das ausgebrütete Ei stammt mit absoluter Gewissheit von einem weiblichen Individuum und ist demnach ein Heterosex-Produkt, kein Homosex-Produkt.

Geschlechterrollen sind auch keine Geschlechter

Ähnlich problematisch ist die Darstellung von Fortpflanzungsstrategien oder Elternrollen als angebliche "Geschlechtervielfalt". Seepferdchen-Männchen, die den Nachwuchs austragen, werden als "Umkehrung der Geschlechterrollen" beschrieben. Tatsächlich bleibt das Männchen aber seiner biologisch männlichen Funktion treu, denn es produziert weiterhin Spermien.

Auch bei den gezeigten Dickhornschafen oder Tintenfischen werden alternative männliche Verhaltensweisen als "Vielfalt der Geschlechter" verkauft. Dickhornschaf-Männchen können etwa "weibchenähnlich" wirken, weil sie sich weniger aggressiv zeigen, auch von anderen Männchen bestiegen werden und… "hockend urinieren" (sic!). Bei Tintenfischen geben sich wiederum kleine "Sneaker-Männchen" als Weibchen aus, um Konkurrenz zu umgehen. In beiden Fällen handelt es sich biologisch schlicht um Polymorphismen innerhalb des Geschlechts, nicht um zusätzliche Geschlechter abseits von männlich oder weiblich. Wenn sich manche Tintenfisch-Männchen zum Zwecke der Fortpflanzung als Weibchen ausgeben, dann ist diese Strategie schlicht und ergreifend als eine für die betreffende Art typische männliche Geschlechterrolle zu bezeichnen.

Hermaphroditen und Geschlechtswechsel

Anders liegt der Fall bei hermaphroditischen – nicht "intersexuellen" (sic!) – Arten wie Schnecken oder sequentiell geschlechtswechselnden Fischen. Der in der Doku gezeigte Tigerschnegel ist ein simultaner Hermaphrodit. Er ist gleichzeitig funktional männlich und weiblich, kann also sowohl Spermien als auch Eizellen produzieren. Clownfische wiederum wechseln im Laufe ihres Lebens das Geschlecht vom Männchen zum Weibchen ("Transsexualität" im biologischen Sinne). Wenn das dominante Weibchen stirbt, entwickelt – nicht "mutiert" (sic!) – sich ein Männchen zum neuen Weibchen. Solche Phänomene bedeuten nicht, dass es Geschlechter abseits von männlich und weiblich gäbe. Vielmehr handelt es sich um Strategien, die innerhalb des Rahmens von Männchen und Weibchen spielen. Schließlich bedeutet der Fakt, dass es nur zwei Geschlechter gibt, nicht, dass alle sexuell reproduktiven Arten Gonochoristen sind – also die beiden Geschlechter auf verschiedene Individuen verteilen.

Bild von Jack Drafahl auf Pixabay

Einordnung der Studien

In der Doku werden zwei Studien etwas konkreter genannt, was eine kritische Einordnung der Quellen erlaubt. Bei Minute 10:16 heißt es: "2010 wurde in einer Studie über wilde Königspinguine festgestellt, dass sich bei 28 % der Paarbeziehungen zu Beginn der Brutsaison Partner desselben Geschlechts fanden."

Die besagte Studie über Königspinguine bestätigt, dass bei 28,3 % der 53 beobachteten Balzpaare zu Beginn der Brutsaison gleichgeschlechtliches Werbeverhalten dokumentiert wurde [1]. Die Autoren betonen jedoch, dass es sich dabei nicht um stabile gleichgeschlechtliche Partnerschaften handelt, sondern zumeist um Balzrituale besonders aktiver Männchen. Diese "hypersexuellen" Tiere balzen mit vielen Individuen – darunter auch Männchen – und finden dadurch oft schneller ein Weibchen. Die eher zurückhaltenden Männchen, die ausschließlich Weibchen anbalzen, gelangen zwar später zur Paarung, haben dafür aber weniger Fehlversuche. Beide Strategien sind offenbar vorteilhaft, weshalb sie evolutionär beständig sind. Das Ergebnis legt jedoch nahe, dass gleichgeschlechtliche Balz bei Pinguinen weniger Ausdruck einer fixierten "homosexuellen Orientierung" ist, sondern vielmehr ein Nebeneffekt unterschiedlicher Strategien im Konkurrenzkampf um Fortpflanzungschancen.

Bei Minute 47:30 heißt es: "Eine Studie von 2004 ergab, dass mindestens 8 % der Dickhornschafe ausschließlich an anderen Männchen interessiert sind."

Das klingt schon eher nach einer exklusiven Präferenz bezogen auf das Geschlecht, vergleichbar mit der menschlichen Homoerotik. Die Aussage ist jedoch irreführend. Tatsächlich stammt dieser Wert nicht aus Feldstudien an wildlebenden Dickhornschafen (Ovis canadensis), sondern aus Versuchsreihen mit domestizierten Hausschafen (Ovis aries). In diesen Untersuchungen wurde unter kontrollierten Bedingungen festgestellt, dass ungefähr 8 % der Widder eine stabile Präferenz für gleichgeschlechtliche Partner zeigen [2][3]. In den Primärquellen wird zwar auf das polygame Sozial- und Sexualverhalten von Dickhornschafen verwiesen, die exklusive und in der ARTE-Doku quantitativ mit "mindestens 8 %" benannte "Homosexualität" wurde jedoch eindeutig nur bei Hausschafen dokumentiert. Ob dieses Verhalten in freier Wildbahn in gleicher Weise und Quantität vorkommt, ist damit nicht belegt. Zudem muss man bedenken, dass Hausschafe seit Jahrtausenden selektiv gezüchtet werden und ihr Verhalten nicht ohne Weiteres auf Wildpopulationen übertragbar ist. Die ARTE-Doku vermischt hier also Ergebnisse aus der Nutztierforschung mit Aussagen über Wildtiere. Das ist wissenschaftskommunikativ als mindestens problematisch einzuordnen. Davon abgesehen widersprechen Branchenexperten den angeblichen Erkenntnissen aus der Forschung, dass etwa jedes 12. Schaf "schwul" sei [4]. 

Darwin: Biobösewicht Nr. 1

Auch die Darstellung Charles Darwins in der Dokumentation ist problematisch verkürzt. Ihm wird zugeschrieben, gleichgeschlechtliches Verhalten bei Tieren als "unnatürliche Verbrechen" bezeichnet zu haben. Die Doku zitiert Darwin bei Minute 23:17 mit den Worten "Völlige Zügellosigkeit und unnatürliche Verbrechen herrschen in einem erstaunlichen Ausmaß vor" und bezieht diese Worte auf "queeres" Tierverhalten. Tatsächlich entstammt diese Formulierung Darwins Werk 'The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex' (1871), wo Darwin im kolonial-viktorianischen Sprachgebrauch über Zügellosigkeit in menschlichen Gesellschaften schrieb [5]. Das vollständige Zitat im englischen Original lautet:

"The other so called self-regarding virtues, which do not obviously, though they may really, affect the welfare of the tribe, have never been esteemed by savages, though now highly appreciated by civilised nations. The greatest intemperance is no reproach with savages. Utter licentiousness, and unnatural crimes, prevail to an astounding extent. As soon, however, as marriage, whether polygamous, or monogamous, becomes common, jealousy will lead to the inculcation of female virtue; and this, being honoured, will tend to spread to the unmarried females. How slowly it spreads to the male sex, we see at the present day."

Es ging Darwin hier also nicht um Beobachtungen im Tierreich, sondern um die moralische Gegenüberstellung der Monogamie seiner "zivilisierten" Zeitgenossen und der Polygamie von "wilden" Naturvölkern. Die Übertragung von Gesellschaftsnormen einer Menschenpopulation auf eine andere kann zwar sicherlich ebenfalls kritisch kommentiert werden, aber einer Übertragung von Gesellschaftsnormen auf das Tierreich macht sich Darwin hier nicht schuldig. Dass Darwin Tierverhalten in Geschlechterstereotype presste, ist zwar unbestritten, die Doku aber erweckt den Eindruck, er habe konkret "queere Tiere" pathologisiert. Damit wird ein historisches Zitat aus dem Zusammenhang gelöst und in eine Deutung gepresst, die so nicht zutrifft.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, wie die Doku Darwin als Hinterlasser eines "schwierigen Erbes" präsentiert. Zwar wird hier kein direkter Bezug zu politischen Ideologien hergestellt, doch die Darstellung reiht sich in ein Muster ein, in dem Darwin bisweilen zur Persona non grata erklärt wird. Gerade aus sozialistisch-marxistischen Denktraditionen heraus wurde immer wieder eine Brücke geschlagen zwischen Sozialdarwinismus, nationalsozialistischer Rassenideologie und Darwins Deszendenztheorie – als ob Darwin selbst der geistige Wegbereiter biologischer Ungleichheitslehren gewesen sei. Diese Gleichsetzung ist historisch wie wissenschaftlich verkürzt. Der Sozialdarwinismus entstand erst durch selektive Umdeutungen von Darwins Ideen, nicht durch seine Schriften selbst.

Die dekontextualisierte Darstellung Darwins in der Dokumentation wirkt daher fast schon wie eine kafkaeske Dog Whistle für Sozialisten nach dem Motto: "Schau an, der böse Darwin mal wieder. Alerta!"

Naturalistische Fehlschlüsse

Immer wieder unterlaufen der Dokumentation naturalistische Fehlschlüsse. Aus dem, was in der Natur beobachtet wird, wird ein "Sollen" für den Menschen abgeleitet. Formulierungen wie "Die Natur ist zutiefst tolerant" oder "Mutter Natur muss ziemlich aufgeschlossen gewesen sein" transportieren implizite moralische Botschaften, die über die reine Biologie hinausgehen. Bonobos etwa vollziehen erotische Handlungen in nahezu allen denkbaren Kombinationen – zur Konfliktlösung, zur Versöhnung oder einfach zum Spaß. Das ist ein faszinierendes Beispiel für soziales Verhalten. Aber wenn daraus abgeleitet wird, dass auch Menschen "vielleicht mehr Sex haben sollten, um friedlicher zu sein", verlässt man den Boden der Biologie und betritt das Feld der Moral. Das ist ein naturalistischer Fehlschluss, von denen die ARTE-Doku so einige liefert.

Allerdings bleibt sie dabei inkonsequent. Denn in der Doku werden ausschließlich Verhaltensweisen thematisiert, die sich positiv in aktuelle identitätspolitische Narrative einfügen lassen – etwa gleichgeschlechtliche Bindungen, Geschlechtswechsel oder fürsorgliche Männchen. Unbequeme Aspekte tierischem Sexualverhaltens wie etwa erzwungene Kopulationen im Allgemeinen und mit noch nicht geschlechtsreifer Jungtieren im Speziellen (beobachtet u. a. bei Orang-Utans [6]) oder gleichgeschlechtliche Kopulationen mit bereits verstorbenen Artgenossen (etwa beobachtet bei Erpeln [7]) bleiben dagegen unerwähnt. Damit verfällt die Doku in das gleiche Muster, das sie historischen Forschern vorwirft. Erkenntnisse aus dem Tierreich werden tabuisiert, sobald sie nicht ins gewünschte Bild passen (siehe dazu auch "Natürliche Normen" – Zwei Seiten derselben Medaille). Wer aber die Natur ideologiefrei darstellen will, müsste auch ihre Schattenseiten thematisieren.

Und warum werden keine naheliegenden Parallelen insinuiert? Wenn kleine Tintenfischmännchen sich als Weibchen tarnen, um Zugang zu Paarungschancen zu erschleichen, warum wird dann nicht die Frage gestellt, ob es im menschlichen Kontext ähnlich gelagerte Phänomene gibt – etwa Männer, die sich als Frauen identifizieren, um Vorteile durch Quotenregelungen oder Zugang zu Schutzräumen zu erlangen? Oder das Konzept des "Transmaxxing", bei dem sozial isolierte Männer die Geschlechterrolle wechseln, um sich neue Möglichkeiten zu verschaffen? Solche Vergleiche wären selbstverständlich ebenfalls naturalistische Fehlschlüsse, doch wieso blendet die Doku gerade diese Analogien aus, während sie andere, ideologisch genehme Übertragungen sehr deutlich kommuniziert?

Strohmann-Argumente und Anthropomorphismus

Ein weiterer problematischer Aspekt der Dokumentation ist die unterschwellige Konstruktion eines Strohmanns. Es wird suggeriert, irgendwelche rückständigen Stimmen würden behaupten, es gäbe nur zwei Geschlechtsausprägungen, nur zwei starre Geschlechterrollen und keinerlei Variation im Sexualverhalten. Eine solche absolute Leugnung von Vielfalt vertritt jedoch kaum jemand. Die eigentliche Kritik richtet sich vielmehr darauf, dass die beobachtete Bandbreite an Verhaltensweisen und Rollen nicht gleichbedeutend mit einer Vielfalt an Geschlechtern ist, welche von Soziologen aus dem Bereich der Gender Studies regelmäßig postuliert wird, um mit diesem Kniff gesellschaftliche Normen zu "dekonstruieren" (zerstören). Hinzu kommt die anthropomorphe Sprache. Wenn von "queerer Liebe" bei Tieren die Rede ist, werden menschliche Kategorien und Emotionen auf Tiere projiziert, die kognitiv und emotional gänzlich anders veranlagt sind. Menschen sind zwar ebenfalls Teil des Tierreichs, aber gerade in ihrem komplexen Gefühlsleben nicht mit Clownfischen oder Schnecken gleichzusetzen.

Der durchgängige Anthropomorphismus ist ein zentrales Problem der Doku. Den Tieren werden menschliche Geschlechterrollen unterstellt, die sie dann scheinbar "aufbrechen". So heißt es etwa unterschwellig, dass "normalerweise" Weibchen die Jungen austrügen oder Männchen die dominanten Anführer seien, nur um dann bei Seepferdchen oder Tüpfelhyänen zu zeigen, wie sehr die Natur diese Stereotype konterkariert. Tatsächlich ist es aber schlicht die "normale" männliche Rolle eines männlichen Seepferdchens, den Nachwuchs im Brutbeutel auszutragen. Hier wird nichts "gebrochen", sondern lediglich ein menschliches Rollenschema fälschlich auf ein Tier übertragen. Man könnte sich im Gedankenexperiment auch umgekehrt fragen, wie eine Seepferdchen-Doku über den Menschen aussähe. Sie würde wohl staunend berichten, dass es bei Homo sapiens "sonderbarerweise" die Weibchen sind, die den Nachwuchs austragen – fast so, als ob sie damit die eigenen seepferdtypischen Normen aufbrechen würden.

Äußerst fragwürdig ist die wiederholte Zuschreibung von sogenannter "Pansexualität". Der Begriff bezeichnet in menschlichen Gesellschaften eine identitätsbezogene Präferenz, die in bewusster Abgrenzung zur "Bisexualität" (Ambiphilie) auch sogenannte "nicht-binäre" Geschlechtsidentitäten einbezieht. Dieses Konzept auf Tierarten anzuwenden, die eindeutig zweigeschlechtlich organisiert sind, ist milde ausgedrückt absurd! Ein Bonobo, der mit Männchen wie Weibchen kopuliert, ist – wenn man schon einen solchen Begriff verwenden möchte – "bisexuell" im Verhaltensmuster. Er verhält sich nicht "pansexuell". Die Verwendung solcher Begriffe zeugt von einer ideologischen Aufladung und trägt nicht zur biologischen Aufklärung bei. Andererseits… wenn ausgerechnet Bonobos als Paradebeispiel herhalten müssen, hat das immerhin eine ironische Pointe, denn sie gehören zur Gattung Pan, womit sie in einem ganz anderen Sinn dann doch wieder "pansexuell" sind.

Fazit

Die dokumentierten Verhaltensweisen sind spannend und zeigen, wie flexibel Fortpflanzung und Sozialverhalten in der Natur sein können. Gleichgeschlechtliches Verhalten ist eine natürliche Spielart, die vor allem bei Arten mit einem hochentwickelten Sozialverhalten nicht selten ist und deshalb selbstverständlich auch bei Homo sapiens keine Unnatürlichkeit darstellt. Doch gerade eine wissenschaftlich-seriöse Auseinandersetzung sollte vermeiden, Kategorien durcheinanderzuwirbeln. Sexualverhalten, Geschlechterrollen, Geschlechtsmorphotypen und Geschlechter sind verschiedene Ebenen, die man nicht einfach vermengen darf. Wer die Vielfalt der Natur wirklich würdigen will, sollte präzise bleiben und gerade dadurch zeigen, dass man auch ohne identitätspolitische Überfrachtung fasziniert sein kann.

Eine letzte Bemerkung verdienen die beteiligten Wissenschaftler: Am Ende der Dokumentation outen sich mehrere von ihnen selbst als "queer". Das ist selbstverständlich ihr gutes Recht und für den wissenschaftlichen Gehalt der Dokumentation irrelevant. Doch in einer Doku, die stark mit identitätspolitischen Deutungen arbeitet, bleibt dieser dramaturgische Kniff nicht ohne Wirkung. Es ist nachvollziehbar, dass Forscher, die sich selbst als "queer" verstehen, ein besonderes Interesse an ähnlichen Phänomenen im Tierreich entwickeln. Doch die Häufung naturalistischer Fehlschlüsse und Anthropomorphismen in der hier diskutierten Dokumentation legen nahe, dass die Präsentation weniger von nüchterner Zoologie als von einer identitätspolitischen Brille der Beteiligten geprägt wurde.

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Quellen

[1] Pincemy, G., Dobson, F.S. and Jouventin, P. (2010), Homosexual Mating Displays in Penguins. Ethology, 116: 1210-1216. https://doi.org/10.1111/j.1439-0310.2010.01835.x

[2] Charles E. Roselli, Kay Larkin, John A. Resko, John N. Stellflug, Fred Stormshak, The Volume of a Sexually Dimorphic Nucleus in the Ovine Medial Preoptic Area/Anterior Hypothalamus Varies with Sexual Partner Preference, Endocrinology, Volume 145, Issue 2, 1 February 2004, Pages 478–483, https://doi.org/10.1210/en.2003-1098

[3] Charles E. Roselli, Fred Stormshak, The neurobiology of sexual partner preferences in rams, Hormones and Behavior, Volume 55, Issue 5, 2009, Pages 611-620, ISSN 0018-506X, https://doi.org/10.1016/j.yhbeh.2009.03.013.

[4] Weston, Phoebe. Farmers say expert's claim that one in twelve sheep is gay is 'nonsense'. The Independent, 4 June 2019

[5] Darwin, C. (1871): The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex. John Murray, London.

[6] Muller, M. N., & Wrangham, R. W. (2009). Sexual coercion in primates and humans: An evolutionary perspective on male aggression against females. Harvard University Press.

[7] Moeliker, C.W., 2001 - The first case of homosexual necrophilia in the mallard Anas platyrhynchos (Aves: Anatidae) - DEINSEA 8: 243-247 [ISSN 0932-9308]. Published 9 November 2001

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